Die Entstehungsgeschichte von Linux

Illustration Urknall mit Tux, dem Linux-Pinguin

Linux kann inzwischen auf ein über 30-jähriges Jubiläum zurückblicken. In dieser Zeit hat sich eine Menge getan. Linux ist im Server-Bereich nicht mehr wegzudenken. Im Desktop-Bereich kommt es nur vereinzelt und bei „Freaks“ zum Einsatz, die sich mehr mit dem Computer beschäftigen wollen als der durchschnittliche PC-Anwender.

Doch beginnen wir von Anfang an mit der Entstehungsgeschichte von Linux.

Linux Torvalds
Der „Linux-Vater“
Quelle: https://commons.
wikimedia.org/wiki/Linus_Torvalds

Am Anfang war die finnische Idee…

Angefangen hat alles im September 1991 mit dem finnischen Informatik-Student Linus Torvalds (*28. Dezember 1969 in Helsinki, Finnland). Auf der Uni hatte Torvalds mit einer MicroVAX, einer UNIX-Workstation zu tun. Schon bald entwickelte er seine Leidenschaft zu dem UNIX-Betriebssystem. Seine eigene Aussage war: „UNIX war das erste Betriebssystem, hinter dem ich eine Grundidee und ein Konzept erkennen konnte.“

Während seiner Studienzeit hatte er kein Geld, um sich eine ´richtige´ UNIX-Workstation zu leisten. Das Geld rechte damals gerade mal für einen 386er PC. Mit den damals schon verfügbaren UNIX-Clones für PCs wie Minix ist Torvalds auch nicht besonders glücklich. (Von MS-DOS und Windows ganz zu schweigen) Was macht also ein überzeugter Programmierer, der keine passende Software findet? Er schreibt sie sich selbst.

Das war die Geburtsstunde von Linux!

Anfangs ging es ihm gar nicht darum, ein Betriebssystem zu programmieren. Ihn interessierte vielmehr, was der 386er-Prozessor so alles kann. Was schließlich heute daraus geworden ist, hätte er sich damals noch nicht erträumen lassen. Aus ersten Experimenten würde ein minimales Kommandozeilen-Orientiertes Betriebssystem, das mehrere Prozesse gleichzeitig (Multitasking) verwalten konnte. Dieses wuchs recht schnell zu einer Terminal-Emulation heran, mit der er sich an den UNIX-Rechner der Uni einwählen konnte, um Mails und News zu lesen. Diese Anwendung lief „stand-allone“ ohne Betriebssystem, d.h. er hat es hat direkt auf die 386er-Hardware aufgesetzt.

Mit der Zeit kam der Wunsch dazu, Mails und News auf der lokalen Festplatte zu speichern. Damit entstand die Notwendigkeit, seine (schon sehr umfangreiche) Terminal-Emulation mit Festplatten-Treibern auszubauen. Schön langsam dämmerte es ihm, dass er im Begriff war ein ganzes Betriebssystem zu programmieren. Die Grundbausteine waren ja schon da: Speicherverwaltung, Task-Scheduler, Treiber.

Tux, das Linux-Maskottchen
Tux, das Linux-Maskottchen

Das Usenet spielte in den frühen 90´ern eine größere Rolle als das heutige Word Wide Web, welches erst viel später entstand.

Anfang Juli 1991 stellte Linus in der damaligen Minix-Newsgroup (im Usenet) eine Anfrage über Informationen über den POSIX-Standard (Systemschnittstellen bei UNIX). Nach und nach baute er seinen ersten eigenständigen Linux-Kernel aus, und passte ihn an die Bedürfnisse der Shell (Kommandozeile) an. Ende August 1991 erwähnte er in einem weiteren Posting erstmals, dass er an einem Betriebssystem arbeite, und bat Minix-Anwender um Anregungen, welche Features sie sich in einem solchen Betriebssystem wünschen würden.

Am 17. September 1991 war es dann so weit. Torvalds stellte seine Version des Linux-Kernel 0.01 auf einem FTP-Server zum Download bereit. Der Kernel konnte damals noch nicht viel. Er bootete von Diskette, und lief nur auf einem 386er und beschränkte sich auf die UNIX-Shell bash. Es fanden sich rasch begeisterte Hacker, die an der Entwicklung mitwirkten, und Torvalds konnte so seinen Kernel recht schnell um viele Funktionen erweitern. Linus veröffentlichte sein Betriebssystem von der ersten Stunde an als Open Source, d.h. er hat den Quellcode zu seinem Kernel mit zur Verfügung gestellt.

Nicht jeder war über den zunehmenden Erfolg von Linux begeistert …

Die Zahl der Linux-Fans nahm im Laufe der Zeit zu. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine eigene Linux-Gruppe in den Newsgroups. Aus diesem Grunde trafen sich die Linux-Entwickler in der Minix-Newsgroup. Ende 1992 fühlte sich der Minix-Erfinder Andrew Tanenbaum durch die überhand nehmenden Linux-Threats herausgefordert. In seinem berühmt gewordenen Posting ´LINUX is obsolete` übte er harsche Kritik an dem neuen Betriebssystem. Er meinte: Der monolithische Kernel von Linux sei technisch überholt, moderne Betriebssystemarchitekturen setzen auf einen Microkernel. Und Linux sei fest mit der x86er-Prozessor-Architektur verheiratet, während ein vernünftiges Betriebssystem portabel sein müsse. (Minix hat wohl nie klein angefangen …)

Torvalds öffentliche Antwort an Tanenbaum war heftig, emotional und nur so nahe an der persönlichen Beleidigung, dass er später eine Entschuldigung hinterherschickte. Folge des Streits war eine formale Trennung von Minix und Linux. Es wurde nun eine eigene Newsgroup gegründet, die comp.os.linux.

GNU´s Not Unix

Mit der Zeit entstand ein recht stabiles und flexibles Linux-Betriebssystem. Allerdings gab es noch recht wenige Programme für Linux. Fast zur selben Zeit entstand ein Projekt namens GNU, welches aus einer Gruppe von Programmierern besteht, die freie Tools und Programme für UNIX-Systeme entwickeln. Was den GNU-Leuten allerdings zu ihrem kompletten System fehlte, war die eigene Plattform, und die lieferte Linus Torvalds: GNU/Linux war geboren.

Schon im Dezember 1991 liefen viele GNU-Tools unter Linux0.11. Wichtigstes Programm dabei war der GNU-C-Compiler. Mit ihm konnte man die Quelltexte weiterer Anwendungen sowie weitere Kernel-Versionen kompilieren (in ausführbare Programme übersetzen).

Meilensteine in der Entstehungsgeschichte von Linux

September 1991Linux-Kernel 0.01
Januar 1992Linux-Kernel 0.12 mit virtuellem Speicher und GPL-Lizenz
Mai 1992Version 0.96a mit X-Window System (Grafischer Oberfläche)
Oktober 1992Kernel-Version 0.98.2 mit erster Alpha-Version des TCP/IP-Stacks
Dezember 1992Erste Linux-Distribution auf CD (Yggdrasil)
August 1993Start des Debian-Projektes
Mai 1994Linux-Kernel Verion 1.0 mit SCSI-, Sound-, Drucker- und brauchbarer Netzwerk-Unterstützung sowie ext2-Dateisystem, ladbaren Treibern und ELF-Format für Programme (Compiler). Rund 100 000 Anwender weltweit.
November 1994Erste RedHat-Distribution
März 1995Kernel-Version 1.2 läuft auf Alpha, SPARC- und Mips-Prozzesoren und bringt zahlreiche neue Netzwerkfunktionen. Geschätzte 500 000 Anwender weltweit.
Mai 1996Erste selbst entwickelte SuSE Linux-Disrtibution (Heute führt der Link auf das kommerzielle SuSE Linux Enterprise). Die Open Source Variante gibt es bei OpenSuSE.
Juli 1996Der Kernel 2.0 unterstützt 680×0- und PowerPC-CPUs sowie mehrere Prozessoren. Weitere Neuerungen: Kernel-Deamon, ISDN- und Firewall-Funktionen. Rund zwei Millionen Anwender weltweit.
Juli 1998Ankündigung von Linux-Versionen für Oracle und Informix Datenbanken-Systeme.
November 1998SAP R/3 für Linux. Heute heißt das Produkt SAP ERP.
Januar 1999Kernel-Version 2.2 läuft mit verbessertem SMP-Support auf acht Hardware-Plattformen. Open Sound System, Video4Linux, IPv6. Etwa zehn Millionen Anwender weltweit. Compaq, Dell, Gateway und HP kündigen Linux-Server an.
März 1999IBM kündigt Linux-Initiative an.
August 1999Börsengang von RedHat.
Dezember 2000IBM will eine Milliarde US-Dollar in Linux investieren.
Januar 2001Linux-Kernel Version 2.4 gibt es bereits auf 13 Hardware-Plattformen und enthält ein 64-Bit-Dateisystem, USB- und Firewire-Unterstützung und kann bis zu 64 Gbyte RAM auf Intel-Prozessoren ansprechen. Rund 15 Millionen Anwender weltweit.


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